Samstag, 10. September 2016

Buchbesprechung: "Der Weisheit letzter Schuss"



von Klemens Renoldner
 Sonderzahlverlag ISBN 978-3-85449-454-6


Klemens Renoldner legt nach Romanen, Erzählungen und vor allem Arbeiten u. a. zu Stefan Zweig wieder einen köstlichen Band mit Erzählungen vor. Doch stockt der Rezensent, sind Kurzabrisse von knapp 2 Seiten Erzählungen? Nach der klassischen Definition sicher nicht. Was dann? Nun über Klassifizierungen, Einreihungen, Ordnungskasteln mögen sich andere den Kopf zerbrechen. Halten wir uns an das, was da ist. Von wankelmütigen Weltbürgern, fadenscheinigen Biotopen und gutartigen Bühnenschönheiten steht im Untertitel. Auch werden im ersten Teil des Bandes 23 Romane angekündigt, die kein Ende finden. Das sind, ich bleibe bei Miniaturen, wer andere Bezeichnungen mag, soll sie sich suchen. Der Autor führt uns aufgrund seiner langjährigen Tätigkeiten rund um die Welt in diese hinaus, lässt uns skurille Typen erleben. Ob es die letzte Weihnachtsfeier des totkranken Joseph Roth 1938 in Paris ist, ein Verkauf eines renommierten Champagnergutes an einen internationalen Konzern oder die Uraufführung von 14 Orchestersuiten nach den Gärgeräuschen in den Flaschen des heranreifenden Champagners war – Renoldner legt seine Finger an die Stelle, auf die es ankommt, legt sein Ohr an jene Wand, hinter der genau das zu hören ist, was unwichtig aber hörenswert ist. Er scheut auch nicht den Aufstieg auf den oberösterreichischen Traunstein, um so nebenbei mitzuteilen, dass dort oben in der Gmundnerhütte die Portion Schinkenfleckerl € 4,50 kostet. Kleinigkeiten eben, sorgfältig aneinander gereiht, poliert und aufbereitet, sodass der Leser, jedesmal nach den zwei Seiten denkt, warum endet das jetzt? Allerdings, ein wenig Kritik sei auch gestattet. Wenn wir weiter lesen, zum zweiten Teil „aus fremden Städten und Ländern“ kommen, wird es etwas beliebig. Die Schilderung der Linzer Luft, des Stiftungsfestes im Internat in Kremsmünster, ja das sind Geschichten, die dem Leser unterkommen, untergekommen sind. Dazu braucht es doch noch einer Wiederholung? Anderseits die Wege mit Friedrich Heer, das Wachrufen der Erinnerung an diesen Großen Österreichs, das ist ganz bestimmt notwendig und verdienstvoll. An Friedrich Heer sollte mehr und öfter gedacht werden, als in ein paar schmalen Seiten eines Erzählbandes – vielleicht regt der Autor damit jemand an? Wünschenswert und notwendig wäre es!
Bei der weltweiten Tätigkeit des Autors bleibt es nicht aus, dass er die Leser mit Detailschilderungen aller möglichen (und auch unmöglichen) Stationen überfällt. Ob es die Museen sind (es ist gut zu wissen, in welchen gottvergessenen Nestern es Museen gibt), natürlich die Theater, ob diese in Paris, Bern, Italien, in den Weiten der USA sind, ob es zur Waldheimzeit in London war, Renoldner lässt uns wissen: Er war dort, er war dabei. „Kyselak war hier“ fällt einem unwillkürlich ein. Na klar, die „Diktatur der Anständigkeit“ in der Schweiz und da ganz besonders in Bern, ist für einen Österreicher schon eine gewisse Herausforderung – eigentlich erzählt jeder, der einige Jahre in diesem Land verbrachte, Ähnliches. Das ist Bedienen von Klischees, jedoch und das gesteht der Rezensent gerne zu, gut gemacht und amüsant geschrieben. Die Berliner Szenen gefallen sehr, auch weil sie die Abrissmanie gezielt aufs Korn nehmen und dem sinnlosen Wiederaufbau verschiedener historischer „Notwendigkeiten“ gegenüberstellen. Allerdings, damit komme ich zum Schluss, die Ausflüge in die Salzburger Provinz, ob Anthering oder im unmittelbaren Festspielbezirk, wären m. E. verzichtbar. Ebenso die Anekdoten aus dem Theaterleben, zu sehr erinnern einige an den drittklassigen Schauspieler, der in der kommenden Saison bei der Neuinszenierung von „Schneewittchen“ den vierten Zwerg hintergründig anlegen wird. Aber zu Füllung des Bandes und als heitere Zwischendurchlektüre sind auch diese Texte weit besser als vieles, was uns da unter diesem Sujet oft angeboten wird.


Hans Bäck
Europa Literaturkreis Kapfenberg

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